Im Grunde gibt es so viele Erkrankungen, wie es Menschen gibt! Daher steht die Individualität des Patienten im Mittelpunkt der Anthroposophischen Medizin. Was das heißt?

Jeder Mensch ist anders. So kann auch jedes Krankheitsbild anders ausfallen. Und unsere Patienten erwarten zu Recht, dass sie in dieser Individualität gesehen werden, auch mit ihren Erwartungen, Hoffnungen und Nöten.

Im Grunde sollte das selbstverständlich für jede Art der Medizin sein – das ist es aber nicht. Für uns Anthroposophische Ärzte ist aber gerade das unsere Aufgabe: jedem Menschen als Individualität zu begegnen und versuchen, ihm gerecht zu werden. Wir wissen als Ärzte, was die Standards in einer Therapie sind und was die Leitlinien sagen, aber das entbindet uns nicht davon, zu fragen: Was ist für den Patienten gerade jetzt richtig? Das gilt es, gemeinsam herauszufinden.

Zeitdruck und Stress sind da kontraproduktiv. Deshalb bemühen wir uns, keine Hektik zu entwickeln und uns die nötige Zeit zu nehmen. Den Patienten fällt das positiv auf. Ich habe schon oft gehört: „So viel Zeit wie Sie hat sich noch kein Arzt genommen.“ Dabei saß ich nur eine halbe Stunde am Krankenbett. Es kommt auf die innere Haltung an. Die Anthroposophische Medizin hilft mir, diese innere Präsenz zu entwickeln – auch im ganz normalen Klinikalltag.

Dr. Friedemann Schad, Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie, Leiter des Onkologischen Zentrums am Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe