Auch wenn ab diesem Jahr manches neu im Gesundheitswesen ist, so beherrscht Corona nicht nur weiterhin die Schlagzeilen, sondern bestimmt mit dem erneuten Lockdown auch das alltägliche Leben. Große Hoffnungen werden in die Impfung gesetzt – ob sie sich erfüllen werden, ist momentan noch völlig offen. Bis auf weiteres heißt es also, die Belastungen vor allem für Kinder (und andere vulnerable Gruppen) möglichst geringzuhalten. Denn neue Studie zeigen, wie viel ein Lockdown vor allem den Kindern (und ihren Eltern!) abverlangt. Für mehr Rücksichtnahme und mehr Umsicht in der Kommunikation setzen sich auch zahlreiche medizinische und wissenschaftliche Fachgesellschaften ein. Gute Nachrichten gibt es aus zwei anderen Bereichen: In Bayern ist Klaus Holetschek (CSU), der sich immer wieder für die Integrative Medizin stark gemacht hat, zum neuen Gesundheitsminister ernannt worden. Und das Thema Klimawandel wird endlich stärker auch als Gesundheitsrisiko diskutiert – es wurde höchste Zeit.
Die Meldungen:
» Neues Jahr: Änderungen im Gesundheitswesen
» Corona: Mehr Verantwortungsbewusstsein, bitte!
» Corona: Kinder und die Folgen
» Klaus Holetschek neuer Gesundheitsminister
» Die Klimakrise macht krank
Neues Jahr: Änderungen im Gesundheitswesen
Berlin, 12. Januar 2021. Neben der Bewältigung der Corona-Krise hat sich die Gesundheitspolitik im vergangenen Jahr auch mit zahlreichen anderen Vorhaben beschäftigt. So gelten ab Januar 2021 diverse Änderungen im Gesundheitswesen – unter anderem sollen Prävention, Gesundheitsdienst, Digitalisierung, Personalsituation in Kliniken und Pflegeheimen gestärkt werden. Hier eine Übersicht:
- Neue Untergrenzen für Pflegepersonal in Krankenhäusern: Ab 1. Februar 2021 werden weitere Pflege¬per¬sonaluntergrenzen in den Krankenhäusern eingeführt.
- Mehr Personal im Öffentlichen Gesundheitsdienst: Bis zum 31. Dezember 2021 sollen mindestens 1.500 neue und unbefristete Vollzeitstellen in den Gesundheitsämtern geschaffen werden. Dafür werden rund 200 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.
- Mehr Hilfskräfte-Stellen in Pflegeheimen: Bundesweit sollen 20.000 zusätzliche Stellen für Hilfskräfte in der vollstationären Pflege geschaffen werden. Pflegeheimen, die zusätzliche Hilfskräfte beschäftigen, werden die Kosten von der Pflegeversicherung erstattet.
- Förderprogramm für Hebammen: Krankenhäuser erhalten ab 2021 zusätzliches Geld für die Neueinstellung von Hebammen. Mit dem Programm soll vor allem die Betreuung der Schwangeren im Kreißsaal verbessert werden. Das Förderprogramm läuft bis 2023.
- Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA ): Ab Januar 2021 wird die elektronische Patientenakte stufenweise eingeführt. Das Hochladen medizinischer Daten wie Diagnosen, Therapiemaßnahmen und Medikationsplänen durch die behandelnden ÄrztInnen soll ab 1. Juli 2021 flächendeckend möglich sein. Später sollen auch Krankenhäuser und Apotheken an die ePA angebunden werden. Die Nutzung der ePA ist freiwillig.
- Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung: Eine elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) wird eingeführt und soll ab 1. Oktober ausschließlich digital vom Arzt an die Krankenkassen übermittelt werden. Ab Juli 2021 sind die Krankenkassen dann auch zur elektronischen Weiterleitung der AU-Daten an die Arbeitgeber verpflichtet.
- Elektronisches Rezept: Ab Mitte 2021 beginnt die Einführungsphase der elektronischen Verordnung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln (E-Rezept). Ab diesem Zeitpunkt können ÄrztInnen ihren PatientInnen das Rezept digital bereitstellen.
- Heilmittelverordnungen: Auch hier gelten neue Regelungen, zum Beispiel zur Unterscheidung in Erstverordnung, Folgeverordnung und Verordnung außerhalb des Regelfalls.
- Screening auf Hepatitis B und C: Versicherte ab 35 Jahren haben künftig den Anspruch, sich im Rahmen des Gesundheits-Check-up auf Hepatitis B und C untersuchen zu lassen.
- Mehr betriebliche Gesundheitsvorsorge: Die gesetzlichen Krankenversicherung verstärken ihr Engagement in der betrieblichen Gesundheitsvorsorge in Krankenhäusern, Pflegeheimen und ambulanten Pflegediensten.
- Vereinfachter Krankenkassenwechsel: Versicherte können ab dem 1. Januar 2021 bereits nach 12 Mona¬ten Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse zu einer anderen Krankenkasse wechseln.
- Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung: Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz in der GKV wird um 0,2 Prozentpunkte auf 1,3 Prozent angehoben. Um die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) finanziell zu stabilisieren, erhält die GKV einen ergänzenden Bundeszuschuss aus Steuermitteln in Höhe von fünf Milliarden Euro. Außerdem werden aus den Finanzreserven der Krankenkassen einmalig acht Milliarden Euro in den Gesundheitsfonds überführt.
Quelle:
„Neuerungen im Gesundheitswesen im Jahr 2021“, Deutsches Ärzteblatt, 30. Dezember 2020
Corona: Mehr Verantwortungsbewusstsein, bitte!
Berlin, 12. Januar 2021. Mehr Verantwortungsbewusstsein in der Kommunikation rund um COVID-19 wünschen sich ÄrztInnen und WissenschaftlerInnen der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e.V. (DGIM), der internistischen Schwerpunktgesellschaften sowie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF).
Ethische und politische Reflexion gefragt
In ihrem Aufruf betonen die WissenschaftlerInnen, dass es neben der gebotenen Fachkenntnis auch um Verantwortung und nicht zuletzt um ethische und politische Reflexion gehe – der die angefragten ExpertInnen leider jedoch nicht immer gerecht werden, so die AWMF. Besonders wurde mehr Evidenz in den Aussagen angemahnt: „Wir bekennen uns klar zum Recht auf freie Meinungsäußerung und zum wissenschaftlichen Diskurs. Aber gerade Ärzte und Wissenschaftler haben in diesen Zeiten auch eine besonders hohe gesamtgesellschaftliche Verantwortung. Es ist unverantwortlich, durch häufige und in der Gesamtheit widersprüchliche Meinungsäußerungen den Eindruck zu erwecken, die politischen Empfehlungen seien insgesamt sinnlos. Letztlich schadet diese Vorgehensweise der Medizin selbst und verringert das Vertrauen der Bürger in den ärztlichen Rat.“
Wissenschaftliche Erkenntnisse zusammentragen
Insgesamt wünschen sich die WissenschaftlerInnen, dass Medizin und Wissenschaft die Möglichkeit haben, VOR öffentlichen Empfehlungen ihre Ansichten, Erfahrungen und Erkenntnisse zusammenzutragen: „Dies entspricht der bewährten Vorgehensweise unseres Berufsstandes, wie sie bei der Erstellung von Leitlinien, Konsensus-Stellungnahmen oder auch im Alltag für die Optimierung der Therapie einzelner Patienten sehr erfolgreich eingesetzt wird. Die Corona-Pandemie stellt hier keine Ausnahme dar.“
Quelle:
„AWMF: Aufruf zur verantwortungsbewussten Kommunikation von Ärzten und Wissenschaftlern in der Corona-Pandemie“, 17. Dezember 2020
Corona: Kinder und die Folgen
Berlin, 12. Januar 2021. Seit Monaten warnen KinderärztInnen, TherapeutInnen und Pädagoginnen vor den Folgen eines erneuten Lockdowns für Kinder und Jugendliche. Inzwischen liegen diverse Studien und Erfahrungen vor, die ein problematisches Gesamtbild ergeben.
Kinder aus ärmeren Familien besonders betroffen
So wurde zum Beispiel bei einem kürzlich durchgeführten digitalen Parlamentarischen Gesprächskreis diskutiert: „Was macht Corona mit Kindern?“ Die Antworten der ExpertInnen waren klar: Gerade etwas ältere Kinder aus Familien mit einem niedrigen sozioökonomischen Status sind von der Pandemie besonders betroffen, da sie sich weniger bewegen, sich schlechter ernähren und außerdem mehr Medien konsumieren. In Mittelschichtsfamilien sei das Probleme weniger ausgeprägt.
Deshalb sei der Zugang zu Bildungseinrichtungen, der auch für viele eine gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung sichert, so wichtig: „Wir können aus ethischen Gründen nicht akzeptieren, dass die soziale Schere während der Pandemie noch deutlicher als sonst auseinandergeht.“
Auch die Psyche leidet
Es verwundert wenig, dass auch die kindliche Psyche betroffen ist: Kinder erkranken zwar bei einer Infektion mit SARS-CoV-2 relativ selten an COVID-19, leiden dafür aber umso mehr unter den psychischen Folgen des Lockdowns – zu diesem Ergebnis kommt die RED-Studie „Resilience in Education and Development“, eine der wenigen Studien, die Kinder vor und während des Lockdowns begleitet haben.
In den verwendeten Fragebögen wurden das emotionale Wohlbefinden sowie Ängste und Depressionen abgefragt. Besonders betroffen waren Kinder zwischen 7,6 und 11,6 Jahre. Es wurde von Antriebslosigkeit, Schlappheit, Traurigkeit und wenig Bewegungsfreude bei den Kindern berichtet. Ob es bei einzelnen Kindern zu medizinisch relevanten Depressionen gekommen ist, lässt sich aufgrund der Ergebnisse allerdings nicht beurteilen.
Quellen:
„Wie das Coronavirus den Alltag von Eltern und Kindern verändert“, idw-online.de, 11. Dezember 2020
„Studie: Lockdown kann bei Kindern depressive Verstimmungen auslösen“, Deutsches Ärzteblatt, 10. Dezember 2020
Klaus Holetschek neuer Gesundheitsminister
Berlin, 12. Januar 2021. Neue Zuständigkeiten in Bayern – und hoffentlich eine Stärkung für die Integrative Medizin: Klaus Holetschek (CSU), der sich immer wieder für die Integrative Medizin einsetzt, wurde neuer Gesundheitsminister in Bayern. Er folgt auf Melanie Huml, die für ihr Krisenmanagement in der Pandemie immer wieder kritisiert worden war.
Das neue Amt sei eine große Herausforderung, sagte Holetschek, der seit dem Sommer Staatssekretär in Humls Ministerium war. «Ich habe Respekt und Demut vor dieser Aufgabe.» Klaus Holetschek (56) hat im bayerischen Kabinett einen bemerkenswerten Aufstieg hingelegt. Erst im Februar 2020 wurde er Staatssekretär im Bauministerium – rund ein Jahr später wird er nun mitten in der Corona-Krise Bayerns neuer Gesundheitsminister.
«Wir stehen vor dem Jahrzehnt der Gesundheit», hatte Holetschek gesagt, nachdem Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ihn im August vergangenen Jahres Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) als Staatssekretär an die Seite gestellt hatte. Nur gut vier Monate später übernimmt er nun das Amt seiner Chefin, die in die Staatskanzlei wechselt.
Klaus Holetschek hat sich in der Vergangenheit immer wieder für eine Stärkung der Integrativen Medizin eingesetzt. Zudem war er von 2017 bis Januar 2021 Präsident des Kneipp-Bundes mit seinen 1.200 Vereinen.
Quelle:
„Holetschek legt Amtseid als Bayerns neuer Gesundheitsminister ab“, Bayerischer Rundfunk, 8. Januar 2021
Die Klimakrise macht krank
Berlin, 12. Januar 2021. Die gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels betreffen bereits heute viele Menschen weltweit. Immer häufiger kommt es auch in Deutschland zu Hitzewellen, die vor allem für ältere Menschen oder solche mit Vorerkrankungen tödlich verlaufen können. Hinzu kommen weitere Gesundheitsgefahren durch Extremwetter oder neuartige Krankheitserreger.
Neuer Bericht im Lancet Countdown 2020
Expertinnen und Experten verschiedener Fachdisziplinen haben deshalb nun in einem Bericht im „Lancet Countdown 2020“ von den politisch Verantwortlichen entschiedene Maßnahmen zur Erreichung der UN-Klimaschutzziele sowie zum Abwenden klimabedingter Gesundheitsschäden gefordert. Erstellt wurde der Bericht von weltweit 38 führenden akademischen Institutionen und UN-Organisationen. Flankiert wird der internationale Bericht von einem wissenschaftlichen Politikpapier (Policy Brief) für Deutschland.
Die Organisationen (Lancet Countdown, Bundesärztekammer, Charité, PIK und Helmholtz Zentrum München) haben in einer gemeinsamen Pressemitteilung betont, dass die Corona-Pandemie die medizinischen, die gesellschaftlichen und auch die wirtschaftlichen Folgen einer globalen gesundheitlichen Krise deutlich vor Augen geführt habe. Die Krise zeige aber auch, wie wichtig weltweite wissenschaftliche Zusammenarbeit und entschlossenes politisches Handeln bei der Krisen-Bewältigung seien. Nach Überzeugung der Projektpartner lässt sich daraus viel für die Bekämpfung des Klimawandels lernen: „Bei den Gesundheitsberufen ist die Dringlichkeit des Themas angekommen. Auch Politik und Gesellschaft haben durch die Pandemie erkannt, wie dramatisch sich die Welt verändern kann.“
Viel Handlungsbedarf
Das Politikpapier für Deutschland stellt mehrere Punkte heraus, für die dringender Handlungsbedarf gesehen wird:
- Erfolgreicher Klima- und Gesundheitsschutz sowie eine aktive Wirtschaftspolitik hängen voneinander ab und können sich gegenseitig verstärken. Deshalb sollten bei Initiativen zur Stärkung und zum Wiederaufbau der Wirtschaft nach der Corona-Pandemie Synergieeffekte für den Klimaschutz genutzt werden.
- Die Ernährung ist ein wichtiger Faktor, mit dem jede Bürgerin und jeder Bürger Einfluss auf das Klima nehmen kann. Die Nahrungsmittelproduktion ist für etwa ein Viertel der globalen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich – wichtigster Faktor ist hierbei die Tierhaltung.
- In Europa ist der Verkehrssektor für etwa ein Viertel der Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Immer deutlicher wird, dass Luftverschmutzung auch ein erheblicher Risikofaktor für viele Krankheiten ist, vermutlich auch für Covid-19. Nicht-motorisierte Bewegung hingegen wirkt dem Klimawandel entgegen, senkt die Luftverschmutzung und fördert gleichzeitig die Gesundheit.
- Urbane Räume heizen nicht nur das Klima an, sie haben gleichzeitig das Potenzial, den notwendigen transformativen Wandel zur Nachhaltigkeit massiv voranzutreiben. Umwelt- und Gesundheitseffekte müssen deshalb in die Stadt- und Regionalplanung integriert werden.
Quelle:
„Die Klimakrise macht krrank – vier Vorschläge für eine gesunde Zukunft“, Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit, 2. Dezember 2020