Kind auf einer Schaukel im Grünen

Neues von Tessin-Zentrum in Stuttgart soll Pädagogik und Medizin enger vernetzen

Berlin, 6. September 2022. Wenn Medizin und Pädagogik voneinander lernen, sind die besten Voraussetzungen für ein gesundes Aufwachsen geschaffen. Genau darum geht es im neu eröffneten „von Tessin-Zentrum für Gesundheit und Pädagogik“ in Stuttgart. Ziel ist es, Eltern, pädagogische und medizinische Fachkräfte sowie Schulen und Kitas in einer nachhaltigen Gesundheitsförderung zu unterstützen.

Gesunde Lern- und Lebensumgebungen schaffen

„Wir schätzen uns sehr glücklich, dieses neue Zentrum an der Hochschule etablieren zu können“, unterstrich Prof. Matthias Jeuken von der Freien Hochschule Stuttgart in seiner Ansprache zur Zentrumseröffnung Mitte Juli 2022. „Die Waldorfpädagogik ist bekannt für ihren Anspruch, eine Lern- und Lebensumgebung für die Kinder und Jugendlichen schaffen zu wollen, die der individuellen und gesunden Entwicklung aller Aspekte des menschlichen Wesens zugutekommt.“

Das neu gegründete, stiftungsfinanzierte von Tessin-Zentrum für Gesundheit und Pädagogik der Freien Hochschule Stuttgart möchte Pädagog:innen und Kinderärzt:innen nachhaltig vernetzen und begleitet gesundheitsfördernde schulische Projekte. Dadurch kann ein neuer Blick auf die Pädagogik als Präventivmedizin entstehen, um die soziale und interaktive Dimension stärker zu berücksichtigen. Erste Kontakte zu Institutionen konnten bereits geknüpft werden, um resilienzfördernde Konzepte und Projekte an Kindertagesstätten und Schulen begleiten zu können.

Corona als Brennglas für bestehende Probleme

„Wenn Medizin und Pädagogik voneinander lernen“ war auch der Titel des Festvortrages, den die beiden Gründer:innen des neuen Zentrums, Prof. Dr. Tomáš Zdražil (Freie Hochschule Stuttgart, Professur für schulische Gesundheitsförderung) und Dr. med. Karin Michael (Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin), gemeinsam hielten. In ihrer täglichen Praxis der Kinderambulanz erlebte die Medizinerin früh die Auswirkungen der vergangenen zwei Jahre: „Im Grunde war die Corona-Pandemie aber nur die Lupe, die bereits lange bestehende Probleme noch einmal dramatisch vergrößert hat“, erklärte sie. „In den 20 Jahren meiner Tätigkeit als Ärztin konnte ich, ebenso wie viele Kolleg:innen, eine stetige und alarmierende Zunahme der körperlichen und psychischen Beschwerden bei Kindern beobachten – von Übergewicht durch Bewegungsmangel über Vereinsamung bis hin zu verhaltenspsychologischen Auffälligkeiten.“

Alarmierende Studienergebnisse zu Kindern und Jugendlichen

Diese Erfahrungen aus dem Praxisalltag decken sich mit den Ergebnissen einer neuen Studie der DAK zu den Jahren 2019 bis 2021, die – basierend auf Behandlungsdaten von 782.000 Kindern und Jugendlichen – zu alarmierenden Ergebnissen kommt: Zum Beispiel wurden im zweiten Corona-Jahr 54 Prozent mehr Mädchen im Alter von 15 bis 17 Jahren aufgrund von Essstörungen behandelt als vor der Pandemie. Bei den Angststörungen gab es in der gleichen Gruppe eine Steigerung von 24 Prozent. Unter den 10- bis 14-jährigen Mädchen stiegen die Depressions-Neuerkrankungen um ein knappes Viertel. Und bei den Jungen dominieren Übergewicht und Bewegungsmangel – mit ebenfalls sehr problematischen Auswirkungen.

Diesen und anderen ungesunden Entwicklungen möchte das von Tessin-Zentrum etwas entgegensetzen: „Wir möchten mit unserem Zentrum präventiv arbeiten, um zu einem möglichst frühen Zeitpunkt helfend eingreifen zu können“, so Karin Michael abschließend.

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Alle Infos zum Zentrum: https://tessin-zentrum.de

 

„Mehr Antidepressiva für junge Mädchen verordnet?“, Deutsches Ärzteblatt, 30. August 2022: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/137007/Mehr-Antidepressiva-fuer-junge-Maedchen-verordnet