Pflege, Klima, Spargesetz – leider keine rosigen Aussichten in dieser monatlichen Themen-Auslese: Die Pflege ringt (immer noch) um die Schaffung von Pflegekammern, die Klimakrise manifestiert sich inzwischen auch als psychische Belastung und das neue Gesetz aus dem Hause Lauterbach zur Stabilisierung der GKV-Finanzen hält nicht, was es (nicht nur im Titel) verspricht.

Die Meldungen:

» Zukunft für Pflegekammern?
» GKV-Finanzierungsgesetz in der Kritik
» Psychische Belastung durch Klima-Angst und Stress

 

Zukunft für Pflegekammern?

2007 08 22 14 08 27pflegeBerlin, 4. Oktober 2022. Theoretisch sind sich (fast) alle einig: Die Pflege muss aufgewertet werden. Dazu gehören auch Pflegekammern, um zum Beispiel in der Ausbildung mitsprechen zu können. Trotzdem geht es seit vielen Jahren in der Debatte kaum voran. Nun soll es eine bundesweite Befragung aller professionell Pflegenden zur Selbstverwaltung in der Pflege geben – so will es der Koalitionsvertrag.

30 Jahre Debatte: bisher eine, bald zwei Pflegekammern in Deutschland

Seit gut 30 Jahren ringt Deutschland um den Aufbau von Pflegekammern. Das magere Ergebnis: Bisher gibt es eine (!) Pflegekammer in Rheinland-Pfalz, eine weitere soll im Oktober in Nordrhein-Westfalen mit der Wahl eines Kammerparlaments starten. Nun soll mehr Bewegung in die Sache kommen. Der Koalitionsvertrag sieht vor: „Mit einer bundesweiten Befragung aller professionell Pflegenden wollen wir Erkenntnisse darüber erlangen, wie die Selbstverwaltung der Pflege in Zukunft organisiert werden kann.“ Was nicht so kompliziert klingt, hat es in der Realität in sich: Die Pflege zählt rund 1,2 Millionen Beschäftigte – ein Berufsangehörigenverzeichnis gibt es allerdings nicht – auch, weil sich die Pflege in Deutschland bislang nicht selbst verwalten und registrieren kann.

Keine Priorität für die Pflege?

So nachvollziehbar die Pläne für die bundesweite Befragung auch sind, so wenig Konkretes ist bislang geschehen. Man brauche noch Zeit für Vorbereitung und Abstimmung, so das Bundesgesundheitsministerium. Aber oberste Priorität scheinen die Pläne nicht zu haben: „Dass sich Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) bisher als glühender Verfechter von Pflegekammern hervorgetan hätte, ist nicht bekannt. Viel Druck in der Sache macht in der Koalition auch niemand. Die FDP sieht das Kammerwesen traditionell für freie Berufe wie Ärzte, Zahnärzte oder Apotheker reserviert. Einzig die Grünen stehen dem Vorhaben offen gegenüber“, schrieb die Ärzte Zeitung im September 2022.

In Baden-Württemberg, in dem es mit Manne Lucha einen grünen Gesundheitsminister gibt, könnte es in der Etablierung einer Pflegekammer bald weitergehen. Hier wartet der Landespflegerat mit Spannung auf einen entsprechenden Gesetzentwurf, mit dem in Baden-Württemberg ein neuer Anlauf für die Etablierung einer Pflegekammer gewagt werden soll.

Dass die Errichtung einer Pflegekammer aber kein Selbstläufer ist, mussten die Pflegenden in Niedersachsen und Schleswig-Holstein erleben, nachdem sich die kurz zuvor gegründeten Pflegekammern in beiden Bundesländern bereits nach kurzer Zeit wieder aufgelöst haben.

Quelle:

„Haben Pflegekammern in Deutschland eine Zukunft?“, Ärzte Zeitung, 6. September 2022

 

GKV-Finanzierungsgesetz in der Kritik

Bundestagswahl pixabay bundestag 2463248 1920Berlin, 4. Oktober 2022. Die Kritik reißt nicht ab – und zwar von allen Seiten: Den einen geht das neue GKV-Finanzierungsgesetz nicht weit genug, die anderen sehen nur bestimmte Zielgruppen belastet, die nächsten kritisieren, dass das Gesetz keinerlei strukturelle Änderungen vorschlage – trotzdem hält Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) an seinem Gesetz zur Stabilisierung der Finanzierung in der Gesetzlichen Krankenversicherung fest.

Gesetz soll Finanzierungslücke von 17 Mrd. Euro schließen

Mit dem GKV-Finanzierungsgesetz will das Bundesgesundheitsministerium (BMG) einen Meilenstein in einer stabilen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung setzen. Die Herausforderungen könnten jedoch kaum größer sein: Prognosen gehen im nächsten Jahr von einer Finanzierungslücke in Höhe von 17 Milliarden Euro in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aus. Gründe sind unter anderem Einnahmeeinbußen durch die Lockdowns, aber auch die expansive Ausgabenpolitik der vergangenen Legislaturperiode. Um einen absehbaren Beitragssprung beim Zusatzbeitrag zu vermeiden, will die Bundesregierung mit dem neuen Gesetz die GKV-Finanzlage auch über das nächste Jahr hinaus sichern.

Im März 2022 gab es dann den ersten Entwurf eines GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes, der allerdings schon wenige Tage später wieder zurückgezogen wurde. Im Juni 2022 folgten Eckpunkte für einen neuen Entwurf, im Juli zunächst ein Referentenentwurf und daraufhin der Kabinettsentwurf. Nun erneuert sich die Kritik an diesem Entwurf.

Strukturelle Lösungen vergeblich gesucht

Auffällig an dem Gesetz ist vor allem, dass man strukturelle oder gar innovative Lösungen umsonst sucht. Stattdessen werden – wie gehabt – insbesondere die Beitragszahler:innen belastet. Das Gesetz sieht unter anderem vor, das die Beitragszahler:innen der GKV zwei Drittel der aufzubringenden 17 Milliarden Euro finanzieren sollen – durch Beitragssatzanhebung, Darlehensaufnahmen der Kassen sowie den Rückgriff auf Kassenreserven.

Trotz der Summen sind das nur kleine Schritte. Es fehlt an Maßnahmen, die die GKV langfristig und nachhaltig stabilisieren. Der Verband der Ersatzkassen (vdek) kommentiert: „Eine besondere Rolle spielen auch Arzneimittel und deren Kostenentwicklung: Hier gibt es Einsparpotenziale in Milliardenhöhe. Kurzfristig braucht es ein mutiges Vorgehen gegen Pharma-Mondpreise und einen ausgewogenen Mix aus weiteren Konsolidierungsmaßnahmen.“ 

Quelle:

„Impulse der Ersatzkassen für eine nachhaltige GKV-Finanzierung“, vdek, 23. September 2002
„Weiter Kritik am GKV-Finanzstabilisierungsgesetz“, Deutsches Ärzteblatt, 27. September 2022

 

Psychische Belastung durch Klima-Angst & Stress

pexels cottonbro FBBerlin, 4. Oktober 2022. Extreme Hitze, Überschwemmungen & Co. belasten den Körper – und werden inzwischen zunehmend zum gesundheitlichen Risiko. Doch auch für die Psyche werden die Auswirkungen des Klimawandels zunehmend zur Herausforderung. Eine neue Studie zeigt, dass vor allem junge Menschen in Bezug auf den Klimawandel hohe Stresswerte zeigen.

Klimawandel auf Platz 2 bzw. 4 der größten Sorgen

Global treten neue Ängste auf: Immer mehr Menschen sorgen sich verstärkt um das Klima bzw. fürchten den Klimawandel. Forscher:innen rechnen inzwischen damit, dass „Klima-Angst“ und „Klima-Stress“ künftig zudem eine wachsende psychische Belastung darstellen werden.
In der aktuellen Studie „What Worries the World“ des Marktforschungsinstituts Ipsos landete der Klimawandel bei den größten Sorgen der Deutschen auf Platz 4 – hinter steigenden Preisen, Armut und sozialer Ungleichheit sowie Krieg und militärischen Konflikten. Im Juli bezeichneten 33 Prozent der Befragten das Thema „Umwelt/Klima/Energiewende“ laut der Plattform statista als das gegenwärtig zweitwichtigste Problem in Deutschland – nur der Bereich „Kosten/Löhne/Preise“ wurde häufiger genannt (37 Prozent).

Junge Menschen besonders betroffen

Die Ärzte Zeitung berichtete von einer aktuellen Studie unter Studierenden: „Ein Viertel der Studierenden, die an einer Studie des Psychosomatikers Christoph Nikendei teilgenommen haben, zeigen hohe Stresswerte im Bezug auf den Klimawandel. Angesichts neuer Hitzerekorde oder der Flut im Ahrtal im vergangenen Sommer sieht Nikendei die Psychosomatik in einer Schlüsselposition: Dies betreffe einerseits die Bewältigung von Trauma-Folgeerscheinungen. Andererseits könne aktives Handeln vielen Menschen helfen, denen die Veränderungen des Klimas zu schaffen machen. […] Die Klimakrise rufe negative Gefühle hervor, erklärte Nikendei zu diesem Anlass: Angst und Verzweiflung, aber auch Schuld und Scham. Diese Gefühle könnten so unerträglich werden, dass sie aus dem Bewusstsein verbannt würden.“

Schleichende Gefahr

Das Problem beim Klimawandel sei die schleichende Entwicklung: Aus psychologischer Sicht reagieren Menschen auf Gefahr, „wenn sie unmittelbar und konkret ist und direkte Auswirkungen auf uns hat“, erklärt Nikendei. Diese direkten Auswirkungen seien in der Klimakrise allerdings zurzeit (noch) nicht unmittelbar spürbar.

Die Ärzte Zeitung berichtet weiter: „Der Wissenschaftler wirbt daher für eine veränderte Klimakommunikation. Schwierige Gefühle müssten offen angesprochen werden. Dabei seien Fachkräfte im Gesundheitswesen gefragt – auch deshalb, weil er damit rechnet, dass soziale Probleme und beispielsweise Angststörungen im Zusammenhang mit der Klimakrise zunehmen werden.“

Quelle:

„‘Klima-Angst‘ und ‚Klima-Stress‘ werden zur psychischen Belastung“, Ärzte Zeitung, 11. September 2022