5. Komplementärmedizinische Gespräche in Berlin

Chronische Erkrankungen sind die größte Herausforderung für das deutsche Gesundheitssystem. 75 Prozent der Aufwendungen der gesamten Gesundheitsausgaben für die "Chroniker" lassen daran keinen Zweifel. Dieser Tatsache gegenüber stehen die erforderlichen Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen, die die aktuelle gesundheitspolitische Diskussion dominieren. Schon in der Begrüßung zu den gestrigen 5. "Komplementärmedizinischen Gesprächen" zum Thema "Chronische Erkrankungen - eine Herausforderung für die Gesundheitspolitik" verdeutlichte Prof. Andreas Michalsen, Vorstandsmitglied der Hufelandgesellschaft, die eigentlich absurde Situation, dass komplementärmedizinische Methoden in der Therapie chronischer Erkrankungen oftmals die wirksameren und kostengünstigeren Methoden seien, in der GKV aber eine untergeordnete Rolle spielten.

Der erste Teil der Veranstaltung war dem Austausch zwischen Ärzten und Wissenschaft gewidmet: Am Nachmittag schilderten Wissenschaftler und Ärzte zahlreiche positive Resultate komplementärmedizinischer Verfahren für die Behandlung chronischer Erkrankungen. Prof. Gustav Dobos, Lehrstuhlinhaber für Naturheilkunde und Integrative Medizin an der Universitätsklinik Duisburg-Essen und Vorstandsmitglied der Hufelandgesellschaft, zeigte anhand vieler Studien, dass die Wirkung vieler komplementärmedizinischer Verfahren auch wissenschaftlich belegt ist. Sich komplementärmedizinisch behandeln zu lassen bedeute, die Selbstheilungskräfte anzuregen, dadurch selbst am Genesungsprozess mitzuwirken und diesen aktiv zu unterstützen. Bestes Beispiel: In der Onkologie wünschen und nutzen 60 Prozent der Patientinnen und Patienten Arzneimittel der Komplementärmedizin. Hier haben die komplementären Therapieansätze in folgenden Bereichen besonders großes Potenzial: Lebensstilveränderung (Ernährung und Bewegung), Reduktion von Angst und Depression, Behandlung von Nebenwirkungen der Chemotherapie und die Verbesserung der körperlichen Fitness und der Lebensqualität. Darüber hinaus stellte Prof. Dobos eine enorme potenzielle Kostenersparnis durch die Reduktion der Rezidivrate von 14 auf 7 Prozent bei Brustkrebspatientinnen in Aussicht.

Dr. med. Matthias Girke, Leitender Arzt am Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe und Vorstandmitglied des Dachverbands Anthroposophische Medizin in Deutschland, verdeutlichte, dass nicht alles Wirksame auch von Nutzen für den chronisch kranken Patienten sei, wenn dieser von der Sinnhaftigkeit der Behandlung nicht überzeugt sei. Z.B. in der Kardiologie verspricht der chirurgische Eingriff allein noch keinen Heilungsprozess, wenn er nicht von entsprechenden lebensverändernden Maßnahmen begleitet werde. Auch Dr. Girke betonte die Fähigkeit des menschlichen Organismus, salutogenetisch zu agieren und die höhere Bereitschaft der Patienten, ihren Lebensstil zu ändern, wenn sie nicht nur auf der Befund- sondern auch auf der persönlich-biographischen Ebene angesprochen werden. Menschlichkeit und Zuwendung im Arzt-Patienten-Verhältnis seien auch entscheidende Faktoren für die Verhinderung einer Depression, einem eigenständigen Risikofaktor bei Diabetes II und Herz-Kreislauf-Erkrankungen und einer nicht seltenen Folgeerscheinung von Krebserkrankungen. Dass der Nutzen einer Therapie erheblich gesteigert werden könne, wenn sich der Patient selber einbringe und von der Sinnhaftigkeit der Therapie überzeugt sei, habe eine schwedische Studie wissenschaftlich bewiesen. Auch die Eindindung des sozialen Umfelds des Patienten spiele eine wichtige Rolle.

Wie ein roter Faden zog sich folgendes Ergebnis durch die verschiedenen Beiträge: Es muss mehr getan werden, um die Vielfalt der Komplementärmedizin wissenschaftlich belegen und in der medizinischen Versorgung, vor allem in der Therapie chronischer Erkrankungen, besser abbilden zu können. Dr. Klaus von Ammon zeigte am Beispiel der KIKOM (Kollegiale Instanz für Komplementärmedizin), wie Forschung und Wissenschaft auf der einen Seite und die hohe Nachfrage der Bevölkerung nach komplementären Behandlungsmethoden auf der anderen Seite zu einem höheren Stellenwert der Komplementärmedizin in der Schweiz führten.

Im zweiten Teil der Veranstaltung wurde mit den gesundheitspolitischen Sprecherinnen und Sprechern der Bundestagsfraktionen Dr. Rolf Koschorrek, MdB (CDU), Dr. Marlies Volkmer, MdB (SPD), Dr. Erwin Lotter, MdB (FDP), Biggi Bender, MdB (Bündnis 90/Die Grünen) und Dr. Martina Bunge, MdB (Die Linke) diskutiert, ob wir uns integrative Medizin in der GKV leisten können und wollen. Einig war man sich, dass integrative Konzepte in der medizinischen Versorgung und Pflege dringend benötigte Innovationen seien und das Verständnis dafür sowohl in der Politik als auch in der Bevölkerung in den letzten Jahren stetig gestiegen sei. Das Fazit nach einer Stunde lebendiger und durch viele Fragen aus dem Publikum bereicherter Debatte: Für die Behandlung chronischer Erkrankungen liegt die Zukunft in integrativen Therapiekonzepten. Daher muss Komplementärmedizin in der GKV weiterhin zumindest in gleichbleibendem Maße Bestand haben.

Organisiert und durchgeführt wurde die Veranstaltung vom Hauptstadtbüro Komplementärmedizin: Hufelandgesellschaft (Dachverband der Ärztegesellschaften für Naturheilverfahren und Komplementärmedizin) und Dachverband Anthroposophische Medizin in Deutschland (DAMiD).

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