Juli 2025 – Der Deutsche Hebammenverband e. V. (DHV) warnt eindringlich vor den Folgen des neuen Hebammenhilfevertrags, der zum 1. November 2025 in Kraft treten soll. Besonders kritisch bewertet der Verband die Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen freiberuflich tätiger Beleghebammen – und damit auf die geburtshilfliche Versorgungssicherheit für Frauen in deutschen Kliniken.
Seit 2007 verhandelt der DHV gemeinsam mit dem Bund freiberuflicher Hebammen Deutschlands (BfHD) mit dem GKV-Spitzenverband über die Vergütung freiberuflicher Hebammenleistungen. Nach einer jahrelangen Verhandlungsphase erklärte der DHV im Herbst 2024 die Gespräche für gescheitert und rief die Schiedsstelle an. Zwar konnten einzelne Fortschritte – etwa bei Materialpauschalen und zeitbezogener Leistungsvergütung – erzielt werden, doch zentrale Streitpunkte blieben ungelöst. Insbesondere die Vergütung von Beleghebammen wurde im Schiedsspruch gravierend verschlechtert.
Beleghebammen betreuen jährlich über 20 % der Geburten in Deutschland – in manchen Bundesländern wie Bayern sogar bis zu 80 %. Anders als angestellte Hebammen rechnen sie ihre Leistungen direkt mit den Krankenkassen ab und erhalten keine Vergütung vom Krankenhaus. Bisher konnten Beleghebammen pro betreuter Frau ihre Leistungen vollständig abrechnen – auch bei paralleler Betreuung mehrerer Frauen. Mit dem neuen Vertrag wird sich dieses ändern: Um die eins zu eins Betreuung zu fördern, entfällt zukünftig die volle Vergütung sobald mehr als eine Frau gleichzeitig betreut wird– selbst in Notfällen oder bei unvorhersehbaren Belastungsspitzen. Obwohl sie in solchen Situationen die volle Verantwortung für mehrere Geburten gleichzeitig tragen, erhalten die Beleghebammen lediglich eine stark reduzierte Vergütung von rund dem 1,1-Fachen der Einzelleistung, was für freiberuflich Tätige wirtschaftlich kaum tragbar ist. Auch die Krankenhäuser mit festangestellten Hebammen können zukünftig die vollen Sätze nur bei eins zu eins Betreuung in Rechnung stellen.
Besonders gravierend ist, dass der neue Vertrag keine Finanzierung für die real notwendigen Anwesenheitszeiten vorsieht, in denen Hebammen im Kreißsaal bereitstehen, aber keine abrechenbare Leistung erbringen – etwa in Geburtsstillständen, bei Einleitungen ohne Geburt oder in Ruhezeiten. Diese Zeiten machen je nach Klinik bis zu 50 % der Arbeitszeit aus.
Die Modellrechnungen des GKV-Spitzenverbands verschleiern laut DHV diese Realität und führen zu der irreführenden Annahme, dass es sich um eine Vergütungserhöhung handele. Tatsächlich rechnet der DHV mit Einkommenseinbußen von 15–20 % für Beleghebammen – Tendenz steigend.
Der DHV fordert deshalb die sofortige Korrektur des Schiedsspruchs und die Rücknahme der 20-prozentigen Vergütungskürzung. Stattdessen müsse die Grundvergütung auf 88,20 € pro Stunde angehoben werden – nur so sei eine wirtschaftlich tragfähige Eins-zu-eins-Betreuung für alle Frauen möglich.
Daneben sieht der Hebammenhilfevertrag weitere Veränderungen vor, die durchaus Einfluss auf die Versorgung Schwangerer haben werden: So können beispielsweise zukünftig (nicht verschreibungspflichtige) Arzneimittel, die in der Schwangerenbetreuung oder Wochenbettversorgung eingesetzt werden, nicht mehr einzeln abgerechnet werden, sondern sind bereits über Materialpauschalen mit abgegolten. Das trifft zum Beispiel die Anthroposophischen Hebammen hart – gerade wertvolle Mittel wie Bryophyllum oder Aconit Schmerzöl, mit deren Hilfe Tausende Schwangere gut durch diese Zeit kommen, müssen nun selbst bezahlt werden.