Oktober 2025: Pflegende dokumentieren täglich unzählige Informationen: Vitalwerte, Beobachtungen, Medikamentengaben, Befindlichkeiten. Diese Daten sind wertvoll – sie spiegeln nicht nur den Zustand einzelner Menschen, sondern geben auch Aufschluss über das gesamte Versorgungssystem. Doch viel zu oft liegen sie unverbunden in verschiedenen Softwaresystemen, auf Papier oder in Einzeldatenbanken.

Digitale Technologien sollen den Alltag in Kliniken, Pflegeeinrichtungen und zu Hause erleichtern – doch es fehlt der verbindliche Rahmen. Der Deutsche Pflegerat fordert deshalb aktuell eine nationale „Pflege-Informatik-Initiative“ (PII). Ziel ist es, pflegerische Daten besser zu erfassen, zu vernetzen und für Versorgungsforschung und Qualitätsentwicklung nutzbar zu machen. Zudem soll sich dadurch die Versorgung verbessern, der Informationsfluss zwischen Berufsgruppen erleichtert und gleichzeitig Pflegende entlastet werden.

Aber es braucht zugleich auch klare ethische Leitlinien: Wem gehören die Daten? Wie bleibt die Würde des Menschen gewahrt, wenn Algorithmen mitlesen? Und wie verhindern wir, dass Digitalisierung neue Bürokratie schafft, statt Freiräume zu öffnen?

Die Pflege-Informatik-Initiative will hier nicht nur eine Software schaffen, sondern ein neues Verständnis von digitaler Verantwortung: Pflegende sollen aktiv mitgestalten – damit aus Technik echte Unterstützung wird und die Digitalisierung der Pflege nicht über die Köpfe der Menschen hinweg passiert, sondern mit ihnen.

Denn Pflege ist Beziehungsarbeit, darin liegt ihre Kraft: im Wahrnehmen, Begleiten, Berühren. Wenn über „Pflege 4.0“ und digitale Transformation gesprochen wird, darf das Menschliche nicht verloren gehen.

Digitale Systeme können entlasten, Abläufe erleichtern und Zeit schenken. Doch Zuwendung, Achtsamkeit und Empathie lassen sich nicht digitalisieren.

Anthroposophische Pflege versteht den Menschen als Einheit von Leib, Seele und Geist. Sie geht davon aus, dass Krankheit und Heilung immer mehrdimensional sind – körperlich, seelisch und geistig. Ziel ist nicht allein die Wiederherstellung körperlicher Funktionen, sondern die Unterstützung des individuellen Gesundungsprozesses jedes einzelnen Menschen.  Anthroposophische Pflege verbindet pflegerisches Wissen mit therapeutischen Elementen wie Einreibungen, Wickeln, rhythmischen Anwendungen und Atem-, Licht- und Wärmeprozessen. Sinnespflege, Rhythmus und Atmosphäre spielen dabei eine zentrale Rolle.
Die Herausforderung besteht darin, „Datenpflege“ und „Menschenpflege“ zu verbinden: Digitalisierung schafft Strukturen, Wissen und Transparenz, die Kunst der Pflege schafft Vertrauen, Würde und Heilung.

Es geht nicht einfach nur um mehr Technik in der Pflege, sondern um mehr Menschlichkeit trotz Technik. Wenn die Digitalisierung Pflegekräfte tatsächlich entlastet, bleibt Raum für das, was heilt: das Mitfühlen, das Verstehen, das Dasein.