Die Anthroposophische Medizin setzt sich für eine breite gesamtgesellschaftliche Debatte um die Pandemie-Maßnahmen und ihre Folgen ein – und grenzt sich entschieden gegen völkisch-nationalistisches, rassistisches und rechtsextremes Gedankengut auf Anti-Corona-Demos ab
Berlin, 9. September 2020. Die Demonstrationen Ende August 2020 haben deutlich gemacht, dass es zunehmend Menschen gibt, die mehr als unzufrieden mit dem Umgang mit Covid-19 sind – auch einige anthroposophisch orientierte ÄrztInnen waren dabei. So berechtigt das Anliegen ist, für mehr Kontroverse und eine breiter angelegte Debatte auf die Straße zu gehen, so fatal ist es, wenn dadurch völkisch-nationalistische, rassistische und rechtsextreme Ideologien unterstützt werden. Allerdings ist gerade das geschehen, da es nicht gelungen ist, sich gegen eine Vereinnahmung durch rechtsextreme Organisationen und TeilnehmerInnen abzugrenzen.
Um es ganz klar zu machen: Verfassungsfeindliche, rassistische und rechtsextreme Positionen haben keinen Platz in der Anthroposophischen Medizin – und gehören auch nicht in die notwendige Corona-Debatte.
Kein Platz für Corona-Leugner
Zur Erinnerung: Die Anthroposophische Medizin hat sich während der gesamten Pandemie-Zeit intensiv an den regionalen Notfallplänen zur Behandlung von Covid-19 und der Bekämpfung der Pandemie beteiligt. In Berlin hat zum Beispiel das anthroposophische Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe innerhalb weniger Stunden die erste Corona-Ambulanz in ganz Berlin eingerichtet. Auch die anderen anthroposophischen Kliniken haben sich beteiligt – von den vielen Haus- und Fachärzten, die anthroposophisch orientiert sind, ganz abgesehen.
„Die Anthroposophische Medizin beteiligt sich seit dem ersten Tag ganz selbstverständlich mit großem Einsatz an der Bekämpfung der Pandemie. In unseren Akutkliniken wurden Corona-PatientInnen (intensiv-)medizinisch behandelt. Wir wissen also, wovon wir sprechen. Und es ist ganz klar: In der Anthroposophischen Medizin ist – anders als vereinzelt unterstellt wurde – kein Platz für rechtsextrem orientierte Corona-Leugner“, kommentiert Dr. med. Matthias Girke, Facharzt für Innere Medizin und Vorstandsmitglied im DAMiD.
Breite Debatte gefordert
Die Corona-Krise hat sämtliche Bereiche unseres gesellschaftlichen Lebens auf ungeahnte Weise beeinflusst und wird sich noch über Jahre und Jahrzehnte auswirken Der Dachverband setzt sich daher für eine offene Bilanzierung der Maßnahmen und eine breitere Debatte zum weiteren Umgang mit der Pandemie ein: „Nach den ersten Wochen des gut funktionierenden Krisenmanagements ist es an der Zeit, die getroffenen Maßnahmen zu diskutieren und damit Raum auch für Fehlerkultur zu schaffen“, ergänzt Dr. med. Stefan Schmidt-Troschke, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin und ebenfalls Vorstand im DAMiD.
„Covid-19 betrifft fast alle Bereiche unseres Miteinanders. Da kann es nicht sein, dass die Debatte alleine den Virologen, deren Einschätzungen natürlich nach wie vor wichtig sind, überlassen wird. Wir brauchen – und mit dieser Forderung stehen wir anthroposophisch orientierten ÄrztInnen ja nicht alleine da – endlich mehr Expertise auch aus anderen Disziplinen: aus den Kultur- und Gesellschaftswissenschaften, aus der Soziologie, aus der Pädagogik, aus der Landwirtschaft, auch aus den Wirtschaftswissenschaften. Auch VertreterInnnen der organisierten Zivilgesellschaft sollten breit beteiligt werden. Erst wenn die Menschen spüren, dass ihre Fragen, was das Virus mit uns gesamtgesellschaftlich macht und welche Maßnahmen wann und aus welchem Grund unabdingbar sind, beantwortet werden, können wir der jetzigen Spaltung in der Zivilgesellschaft entgegenwirken. Wir müssen die Debatte auf breitere Beine stellen“.
Mit der Pandemie leben
Ein Ende der Pandemie ist nicht in Sicht, die erfolgreiche Entwicklung eines Impfstoffes noch ungewiss. „Wir werden zunächst lernen müssen, mit der Pandemie zu leben“, so Matthias Girke weiter. „Es geht heute mehr denn je darum, stärker miteinander ins Gespräch zu kommen und eine Debatte zuzulassen, die auch kritisch auf manches im Umgang mit der Pandemie schauen wird. Das hat nichts mit Verschwörungstheorien zu tun, sondern mit einem ergebnisoffenen Diskurs, der für eine moderne Gesellschaft selbstverständlich sein sollte.“
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Der DAMiD repräsentiert die Anthroposophische Medizin in allen gesellschaftlichen Bereichen des deutschen Gesundheitswesens. Als Dachorganisation vertritt der Verband die übergeordneten Belange und Interessen seiner 16 Mitglieder. Mitgliedsorganisationen sind Berufsverbände, Klinikverband, gemeinnützige Altenhilfe, Behindertenhilfe sowie die Hersteller Anthroposophischer Arzneimittel.